Sperrzone Tag 16

Blei liegt in meinen Knochen. Draußen Sibirien. Ich friere. Wieder messe ich mir die Temperatur: 36.8. Ich fühle mich eingeschlossen in meinem Körper. Ich bin ein freiheitsliebender Mensch, ein Luft- und Wandervogel. Das Eigesperrtsein in unserem goldenen Käfig mit frischen Nudeln, Obst- und Gemüse, Fisch und Fleisch, Wein und Bier, griechischem Joghurt und indischen Würzpasten macht mir zu schaffen. Ich schaffe es weder zu lesen und mich zu entspannen noch aufzuräumen. Ich bin ein eingesperrter Tiger. Ich spüre es in meiner Brust. Ich will raus.

Nach dem Kaffee und den Keksen drehe ich meine Runde. Zweihundert Meter in die eine Richtung, dann zurück, zweihundert Meter, wieder kehrt, zweihundert Meter, und nocheinmal. Der kalte Wind schneidet in mein Gesicht. Nach einer halben Stunde kehre ich heim. In der Wohnung ist es stickig. Ich mache Durchzug.

Meine Nachbarin oben hat Mann und Kinder rausgeschickt. Sie desinfiziert die Wohnung zusammen mit ihrer Mutter, nehme ich an. Sie ist auch sonst eine Sauber- und Ordnungsfanatikerin. Ich höre ihr Geschrei und Möbelverrücken.

Unsere Wohnung verändert sich immer mehr. Mein Büro ist im Bett und im Wohnzimmer. Der Sessel aus meinem Zimmer steht auf dem Balkon. Das Aufnahmestudio meines Mannes ist in der ganzen Wohnung. Das Klopapier ist nun in der Küche, da mein Mann morgen in der Abstellkammer auftritt, vor der ein Vorhang hängt. Auch dort hängt nun ein Strobolicht.

Wir gehen im Garten Boccia spielen, obwohl es regnet.

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