Heute bin ich ausgeschlafen. Draußen bei meiner Bahn an der Stadtmauer ist niemand unterwegs. Mein Gang ist schnell. Ich entspanne meinen Körper aber nicht meinen Geist. Ich spüre die Spannung in mir. Wie es sich wohl anfühlt, wenn man wieder draußen rumlaufen darf, ohne Angst zu haben sich bei den Sicherheitskräften verantworten zu müssen, in der Hoffnung die richtigen Wörter gewählt zu haben. Ich laufe schnell, hin und und zurück, hin und zurück. Mein Gesicht ist angespannt.
Mein Mann ist früh von der Arbeit zurück. Ins Büro darf er nicht mehr. Vor dem Mittagessen spielen wir wieder Boccia im Garten. Eine Möglichkeit sich zu bewegen ohne vor die Tür zu gehen. Er gewinnt und freut sich wie ein kleiner Junge.
Am Abend schauen wir „Report“ im italienischen Fernsehen. Die Situation der Krankenhäuser ist katastrophal. Im Süden ist es noch viel schlimmer. Der Virus darf dort nicht hingelangen, schon jetzt herrscht dort Chaos. Krankenwagen ohne Schutz mit Kranken, die stundenlang vor den Krankenhäusern warten. Pflegepersonal ohne Schutzkleidung. Kranke, die sich erst im Krankenhaus mit dem Virus anstecken. Die viel zu spät behandelten Menschen, die erst bei Atemnot ins Krankenhaus geleifert werden, wo es an Beatmungsgeräten fehlt…
Seit Jahren wird in Italien bei der Gesundheit und Bildung gekürzt. Italien konnte sich nicht auf die Coronakrise vorbereiten. Nicht in diesen Zuständen, ohne Geld, ohne Personal. Ich denke an die europäische Sparpolitik, die die ärmeren Länder in die Knie gezwungen hat, aber auch an die Missstände und Korruption im Land.
