Sperrzone Tag 22

Heute morgen habe ich mich durch die Internetseite der staatlichen Vorsorgekasse INPS gekämpft und mir die zustehenden 600 Euro beantragt. Acht Mal hat sich das System blockiert. Nach achtmaligem Neuladen der Seite und einer Wartezeit von zehn Minuten zwischen jedem Schritt bin ich durchgekommen, habe meine Steuernummer, meine Telefonummer, meine E-Mail und meine Kontonummer durchgegeben. Währendessen habe ich mit Freunden gechattet, die auch alle vor der Internetseite der Vorsorgekasse saßen. Einige kamen durch, andere blieben irgendwo stecken.

Ich laufe wieder meine Bahnen an der Stadtmauer lang. Immer noch fühle ich mich müde, aber ich kämpfe mich durch. Du darfst nicht aufgeben, sage ich mir. Ich laufe weiter. Auf der Mitte der Strecke steht ein Militärlaster. Zwei Soldaten blockieren die Straße. Ich drehe um. Meine Strecke ist nur noch halb so lang. Ich beobachte das Militär aus der Entfernung. Sie halten Passanten an. Ich laufe zwischen den Häusern vorbei und versuche hinter die Militärabsperrung zu gelangen. Aber an der letzten Straße, die zur Stadtmauer führt, stehen sie, in ihrer mimetischen Militärkleidung. Ich laufe wieder zurück und gehe meinen verkürzten Weg unten an der Mauer lang. Ein Stadtpolizeiauto fährt vorbei. Ich laufe weiter. Als ich am Ende meiner Strecke ankomme, erreicht mich der Militärlaster und dahinter ein anderes Stadtpolizeiauto. Ein Soldat brüllt aus dem Fenster:

„Wo gehen Sie hin, Signora?“

„Ich mache körperliche Aktivität – attività fisica.“

„Wo wohnen Sie?“

„Hier in der Nähe, Via…“

„Ok,“ sagt der Soldat und der Laster fährt wieder los. Ich atme auf. Sie haben mich gehen lassen. Befreit laufe ich die ganze Strecke zurück, bis ich zwei Damen erreiche, die mir mit ihren Hunden den Weg versperren. Ich laufe auf die Straße .

Am Nachmittag erfahre ich im Fernsehen, dass die Internetseite von der Vorsorgekasse zusammengebrochen ist. Die Daten der Antragssteller sollen sich gemicht haben. Vielleicht waren auch Hacker am Werk. Die Seite ist geschlossen worden.

Ich gehe in den Garten und schaue mir die Blumen an, die ich gepflanzt habe. Sie wachsen. Es ist Frühling.

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