Sperrzone Tag 5

Die Sonne scheint. Wir gehen raus. Wieder zur Stadtmauer. Sehen was passiert ist. Sie ist überall versperrt, auch an den kleinen Tretpfaden. Auf google Maps sehe ich, wie man am schnellsten aus der Stadt herauskommt. Zu Fuß. Wir laufen auf der Mitte der Straße. Ein seltsames Gefühl. Ferrara, als läge es im Dornröschenschlaf. Die Fenster der Wohnungen sind geöffnet, überall hört man Musik. An einem kleinen schäbigen Kanal endecken wir Schildkröten. Noch nie habe ich hier in Ferrara Schildkröten im Wasser gesehen. Kurz darauf fliegt ein ultramarinblauer Vögel vorbei. Sind wir noch in der gleichen Welt?

Ein Mann kommt mit Abfall aus seiner Wohnung. Er hat einen Schal vor dem Mund und eine Mütze auf. Es ist warm draußen. Schnell wirft er den Abfall weg und geht geduckt in seine Wohnung zurück.

Wir laufen über Felder immer weiter weg. Ich freue mich, dass die Stadtverwaltung die Mauer und die Parks zugemacht hat. Wir betreten Wege, die wir noch nie gesehen haben. Die Zeit ist ausgesetzt worden, sagt mein Mann. Niemand muss mehr rennen. Manchmal kommt jemand an uns vorbei, wir grüßen. Manche haben Angst, andere lächeln. Was ist eigentlich wichtig im Leben, fragen wir uns.

Ich bekomme Lust auf Pizza, aber die Pizzeria bei uns an der Ecke macht keinen Außendienst. Seit ein paar Tagen kochen wir viele ausgefallene Gerichte. Wir hatten am Freitag viel eingekauft, da wir eine halbe Stunde Schlange stehen mussten, bis wir in den Supermarkt kamen. Ich glaube, ich kaufe demnächst bei den kleinen Händlern ein. Bestimmt ist es gesünder, als so lange mit all den Leuten in der Schlange zu warten in dem halbveriegelten Einkaufzentrum. Die Leute halten Abstand, in vielen Gesichtern liest man Angst. Besonders bei den vermummten Leuten. Es gibt überall Desinfektionsmittel, aber so angenhem ist es mir trozdem nicht.

Abends um 18 Uhr mache ich auf dem Balkon Musik. Ein Aktion, die seit zwei Tagen in ganz Italien läuft. Ich spiele Akkordeon, eigentlich schon lange nicht mehr, aber nun hole ich das Instrument wieder heraus. Ich nehe ein Video davon auf und lade es auf Facebook. Meine Freunde bedanken sich bei mir. Noch nie habe ich so viele Likes und Kommentare bekommen. Ich spüre, wie wir alle zusammenrücken. Wir fragen uns gegenseitig, wie es uns geht. Von manchen habe ich schon lange nichts mehr gehört. Die Menschlichkeit scheint näher gerückt zu sein, während sich die Orte außerhalb unserer Stadt immer weiter entfernen. Alles, was nicht zu Fuß erreichbar ist, liegt jenseits der Grenzen.

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